In der Bundesrepublik gibt es seit 1971 gesetzliche Früherkennungsuntersuchungen für Krebs-erkrankungen. Voraussetzung für eine Früherkennung ist gemäß § 25 Abs. § SGB V, dass es sich um eine Krankheit handelt, die wirksam behandelt werden kann und deren Frühstadium durch diagnostische Maßnahmen genügend eindeutig erfassbar ist. Dies trifft auf Hautkrebs-erkrankungen zu.
Screening und Früherkennung
Ein Screening zielt auf die Entdeckung eines eindeutigen, eventuell symptomlosen Frühstadiums einer Krankheit. So kann eine Therapie frühzeitig einsetzen. Dadurch wird die Häufigkeit manifester bzw. fortgeschrittener Erkrankungen oder Krankheitsstadien reduziert. Therapie und damit verbundene Beeinträchtigungen werden verringert.
Die Prognose des Malignen Melanoms ist stark abhängig vom Erkrankungsstadium zum Zeitpunkt der Diagnose. Ein frühzeitig erkanntes Melanom im lokal begrenzten Stadium ohne Metastasierung (in situ) kann in der Regel problemlos mit einem kleinen operativen Eingriff entfernt werden. Dies begünstigt insbesondere die Lebensqualität. Die Überlebenswahrscheinlichkeit fünf Jahre nach Diagnosestellung liegt bei 90 Prozent. Wird ein Melanom erst spät entdeckt können aufwändigere Behandlungen, gegebenenfalls mit Chemo- und Immuntherapie notwendig sein. Bei Melanomen im Spätstadium (metastasierende Melanome) sinkt die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit auf unter 20 Prozent.
Im Projekt ‚Hautkrebs-Screening in Schleswig-Holstein‘ wurde der Anteil der früh erkannten (in situ) Melanome im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesteigert von durchschnittlich rund 26 Prozent auf 43 Prozent.
Bei den so genannten „hellen Hautkrebserkrankungen“ (Basalzellkarzinome, BCCs, Spinozellulärem Karzinome, SCC), die vor allem im Gesicht auftreten, wird durch eine frühe Entdeckung ein weiteres destruierendes Wachstum vermieden. So wird eine Behandlung ermöglicht, bevor beispielsweise Haut am Tränenkanal eines Auges transplantiert oder eine Unterlippe plastisch wieder hergestellt werden muss. Im Projekt ‚Hautkrebs-Screening in Schleswig-Holstein‘ wurde auch die Entdeckungsrate der frühen SCCs (spinozelluläre Karzinome) gesteigert von durchschnittlich rund 38 Prozent auf 63 Prozent.
Hautkrebs-Screening in Deutschland
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat mit der Richtlinien-Änderung vom 15. November 2007 die Einführung des Hautkrebs-Screenings flächendeckend als zweistufiges Massen-Screening zum 1. Juli 2008 beschlossen. Zielerkrankungen des Screenings sind das Basalzellkarzinom (BCC), das spinozelluläre Karzinom (SCC) und das Maligne Melanom (MM).
Anspruchsberechtigt sind alle gesetzlich Versicherten ab 35 Jahren. Die Einführung wurde auf Basis der Daten des Pilotprojektes ‚Hautkrebs-Screening Schleswig-Holstein‘ (2003-2004) und der international zur Verfügung stehenden Literatur durchgeführt. Deutschland führt damit weltweit als erstes Land ein flächendeckend organisiertes, qualitätsgesichertes und standardisiertes Hautkrebs-Screening durch. Rund 45 Millionen Versicherte (24 Millionen Frauen und 21 Millionen Männer) haben ab dem 1. Juli 2008 alle zwei Jahre Anspruch auf die kostenfreie Untersuchung.
Qualitätsgesichertes Verfahren
Das Screening ist zweistufig angelegt. Die Versicherten können in der ersten Stufe zwischen einem qualifizierten Hausarzt oder Dermatologen wählen. In der zweiten Stufe, im Falle eines Verdachtes auf Hautkrebs, überweist der Erstuntersucher den Patienten dann zur weiteren Abklärung an einen Dermatologen. Bestätigt sich der Verdachts auf Hautkrebs, leitet der Dermatologe die Abklärung des Befundes in die Wege und berät bei einem positiven klinischen Befund den Patienten über die weiteren Behandlungsmöglichkeiten und ihre Folgen.
Die am Screening teilnehmenden Ärzte haben sich durch eine Fortbildung für das Hautkrebs-Screening zusätzlich qualifiziert. Konsentiert wurde die Fortbildung durch ein unabhängiges interdisziplinäres Fachgremium, die Kommission Hautkrebs-Screening Deutschland (bestehend aus Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG), Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BvDD), Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO), Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Histologie (ADH), Deutsche Gesellschaft für Dermatochirurgie (DGDC), Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) e. V., in Zusammenarbeit mit dem Institut für hausärztliche Fortbildung (IhF) im Deutschen Hausärzteverband) die von der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) e. V. koordiniert und kontinuierlich überprüft wird. Evaluiert wird die Fortbildung durch das Zentralinstitut für die Versorgung der Kassenärztlichen Vereinigungen in Berlin.
Standardisierte Untersuchung der Haut
Der Ablauf der Krebs-Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs (Hautkrebs-Screening) ist standardisiert. Im Zentrum der Früherkennungsuntersuchung steht die „standardisierte visuelle Ganzkörperinspektion“, bei der der untersuchende Arzt den Versicherten sorgfältig von der behaarten Kopfhaut bis zu den Fußflächen inklusive aller Hautfalten, der Mundschleimhäute und des äußeren Genitals untersucht. Die Untersuchung ist einfach und kann vom Arzt ohne weitere Hilfsmittel mit dem bloßen Auge (Blickdiagnostik) durchführt werden. Weiterhin gehören zur Untersuchung die gezielte Anamnese (Erhebung von Vorerkrankungen, Risikofaktoren) sowie die Befundmitteilung und eine präventive Beratung. Außerdem erklärt der untersuchende Arzt den Stellenwert des Gesamtprogramms der gesetzlichen Krebs-Früherkennungs-untersuchungen und dokumentiert den Befund.
Schaden und Nutzen
Wie bei jedem Screeningtest kann es auch beim Hautkrebsscreening keine hundertprozentige Sicherheit geben. Dies führt dazu, dass einige Teilnehmer fälschlicherweise als gesund oder krank eingestuft werden. Die Erfahrungen des Pilotprojektes ‚Hautkrebs-Screening Schleswig-Holstein‘ (2003-2004) haben jedoch gezeigt, das die Sensitivität und Spezifizität, also der Anteil der Diagnosen (krank/gesund), die richtig sind sehr hoch ist.